„Von Pal kann ich viel lernen“
„Halbzeit“ im Duell mit Köln, 2:1 für Fehervar. Hier spricht der Coach MICHAEL BORIS (47).
Die Stimme von Michael Boris klang am Wochenende noch arg belegt. „Die ist in Köln geblieben“, scherzte der deutsche Coach von Fehervar zwischen dem Hin- und Rückspiel in den Playoffs zur Gruppenphase der Europa Conferene League. Zum Einfluss von Ungarns Ministerpräsident Victor Orban auf den Fußball und auf Fehervar wollte sich Boris nicht äußern.
Herr Boris, auf Ihrem Whats-App-Profilbild strahlen Sie einem bei der Pressekonferenz in Köln entgegen. Auch, wenn erst „Halbzeit“ ist – war das Ihr größter Sieg bisher?
Ich habe vor so einer Kulisse noch nie gespielt, den Sieg mit Ungarns U 21 in Paderborn gegen Deutschland siedle ich auch hoch an, aber das am Donnerstag war bisher schon mein größter Sieg.
Trotz der Niederlage gilt Köln bei den Wettanbietern als Favorit aufs Weiterkommen. Spiegelt das die Kräfteverhältnisse korrekt wider?
Ja. Das wird weiterhin richtig schwierig. Bis zum Platzverweis konnte man die Wucht im Kölner Spiel sehen.
Dann half Ihnen die Rote Karte.
Unsere Idee war, den Ball hinter die Kette zu spielen, weil Köln – so wie in Leipzig auch – im Zentrum ab und zu in Gleich- oder Unterzahl verteidigt. Und genau aus so einer Situation ist die Rote Karte entstanden.
Auch wenn Potenzial und finanzielle Kräfteverhältnisse für Köln sprechen, wie ärgerlich wäre ein Ausscheiden?
Na ja, wie viele Spiele wurden nach der Halbzeit noch gedreht? Wir müssen richtig wach sein, die gleiche Tagesform abrufen. Und für das Pressing gewappnet sein.
Das aber auch Räume eröffnet.
Das ist richtig. Aber es ist verdammt schwierig, überhaupt in diese Situationen zu kommen.
Gibt Ihnen die Phase Ihrer beiden Tore Mut oder bereitet Ihnen Kölns Überlegenheit in Unterzahl Sorgen?
Letztere haben wir ein Stück weit bewusst in Kauf genommen, weil wir kein Risiko mehr eingehen, keinen Ball im Mittelfeld verlieren wollten. Die Südkurve hinter uns hat ihren Teil dazu beigetragen, dass wir nicht ruhig Fußball gespielt haben.
In der Vorbereitung aufs Spiel haben Sie sich wie sehr über den Modeste-Wechsel gefreut?
Es gibt schlechtere News. Man muss es differenziert sehen: Bei den Flanken war es gut, dass Modeste nicht da war, beim Anlaufen oder Pressing machte es keinen Unterschied.
Kann Steffen Tigges Fehervar bei Flanken im Rückspiel gefährlich werden?
Mit Sicherheit, aber wir spielen auch aus gutem Grund mit drei Innenverteidigern, da sind wir in der Luft schon stabil. Einer von den dreien ist unser Neuzugang Kasper Larsen.
Welche Bedeutung haben der Ex-Berliner Palko Dardai und der Deutsche Marcel Heister für Ihr Team?
Palko hat sich toll entwickelt, er war an vielen Toren beteiligt, traf in Köln. Marcel ist auch wichtig, hatte aber nicht so einen guten Start, daher kam er diesmal später in die Partie.
Wie ist es für Sie, mit Palko den Sohn eines Kollegen, Pal Dardai, zu coachen?
Pal war schon bei unserem Training. Wir sind im guten, regelmäßigen Austausch, von Pal kann ich viel lernen. Seine Erfahrung, auch im Umgang mit Nationalspielern, hilft mir.
Und wie sehr hilft Ihnen die Bühne in Deutschland, die das Köln-Spiel bot?
In erster Linie geht es nicht um mich. An erster Stelle steht das Ziel des Klubs, in die Gruppenphase einzuziehen. Natürlich ist es gleichzeitig für mich ein Top-Los, weil ich mich im deutschen Fußball zeigen konnte, auch durch das Livespiel im Free-TV.
INTERVIEW: THOMAS BÖKER