kicker-Interview: „Das gibt uns einen Schub“
Dänische Idylle statt ungarischer Metropole: Der deutsche Trainer MICHAEL BORIS (46) will SönderjyskE voranbringen.
An diesem Montag geht es los: Michael Boris, zuletzt bei MTK Budapest, zuvor unter anderem Trainer der U 21 in Ungarn und früher beim KFC Uerdingen und im Schalker Nachwuchsbereich, startet in Dänemark mit SönderjyskE in Silkeborg in die Saison.
Herr Boris, was wussten Sie vor der ersten Kontaktaufnahme von Ihrem neuen Klub SönderjyskE?
Wenig, muss ich ehrlich sagen, bevor ich mich auf die Stelle beworben habe.
Sie haben sich beworben?
Ja, die amerikanische Investorengruppe des Klubs hatte eine entsprechende Ausschreibung veröffentlicht. SönderjyskE ist in einer Arbeiterregion, das passt zu mir, da ich ja aus dem Ruhrgebiet stamme.
Was hatte für Sie in der kurzen Vorbereitungsphase Priorität?
Wir wollen den Spielstil umstellen: hoch anlaufen, den Gegner jagen. So, wie ich es auch in Budapest bei MTK praktiziert habe. Damit hatte ich mich beworben, das hat den Eignern zugesagt.
Wissen Sie, warum das E von SönderjyskE großgeschrieben wird?
Das steht für Elitesport.
Richtig, klingt ambitioniert. Welche Art von Team fanden Sie vor?
Die Mannschaft hatte zuvor recht abwartend agiert. Aber sie ist sehr lernwillig und offen für die neue Spielweise. Die Jungs sind aufgeweckt, sehr interessiert.
„Amtssprache“ ist Englisch?
Ja, wobei auch einige Deutsch sprechen. Mads Albaek zum Beispiel, der in Kaiserslautern gespielt hat, oder auch der Österreicher Philipp Schmiedl.
Was gefällt Ihnen in Dänemark besser als in Ungarn?
Die Umgebung, das Land, ist sehr, sehr ruhig. Seenlandschaft, viel Natur – das Gegenteil zu Budapest, wobei es auch eine sehr schöne Stadt ist. Die Bedingungen hier sind mit drei Rasenplätzen gegenüber einem bei MTK besser, das Stadion ist auch größer. Die Dänen sind, ebenso wie die Ungarn, ein freundliches Volk. Fußballerisch würde ich sagen, bewegen wir uns auf ordentlichem deutschen Zweitliganiveau.
Spüren Sie als Neuankömmling eine gewisse EM-Euphorie in Dänemark, die – gerade nach dem Drama um Christian Eriksen – die Liga zusammenrücken lässt?
Auf jeden Fall. Alle sind sehr stolz aufs Nationalteam. Das gute Abschneiden war sehr wichtig. Hier gab es Fanmeilen, da die Maskenpflicht aufgehoben ist. All das gibt uns hier einen Schub.
Was soll am Saisonende stehen?
Wir wollen uns erst mal stabilisieren, unter die ersten Sechs nach 22 Spielen kommen, um nichts mit dem Abstieg zu tun zu haben.
INTERVIEW: THOMAS BÖKER
Quelle: kicker, Ausgabe 58
Juli 2021